Mitte September läuft wieder mal unser Visum aus, so dass
ich in den letzten Wochen schon angefangen habe, die Papiere zusammen zu
klauben, die wir für die Verlängerung brauchen. Ich habe ein Studentenvisum, da
ich auch bei der Tribhuvan Uni in Kathmandu eingeschrieben bin. Das Prozedere
ist eigentlich geradlinig, auch wenn etwas lang und nervig: Ich brauche einen
Empfehlungsbrief von meinem Betreuer an der Uni, damit gehe ich zum Department
of International Relations, die geben mir wieder einen Brief, damit gehe ich
zum Bildungsministerium, die geben mir wieder einen Brief, und damit kann ich
dann endlich zum Immigrationsbüro. Um das Empfehlungsschreiben von meinem
Professor habe ich mich schon letzte Woche gekümmert, und am Montag wollten wir
zum International Relations Büro, damit auch der Teil erledigt ist.
Pustekuchen, der Tag wurde endlos…
Zuerst mussten wir den Brief abholen, in der Reiseagentur
des Assistenten meines Professors (der hat noch einen Zweit- und Drittjob neben
der Uni…). Miriam war natürlich dabei, und als wir dann noch den
obligatorischen Tee getrunken haben, kam Gyanu auf die glorreiche Idee, den
Fernseher an zu machen, damit sie was gucken kann. Animal Channel von National
Geographic, erst mal ja gar nicht so verkehrt, aber leider lief da gerade eine
Sendung über Unfälle mit Tieren. Und so haben wir dann schöne Liveaufnahmen von
einer Frau gesehen, die durch die Gitterstäbe von einem Eisbär (Biggie)
gebissen wurde. Die nächste halbe Stunde hat Miriam mich mit Fragen bombardiert
a la „Mama, warum liegt die Frau auf dem Boden?“, „Mama, warum beißt der Eisbär die Frau?“ und „Mama,
warum ist die Hose von der Frau rot?“. Aber ausschalten ging dann auch nicht
mehr, ich habe die Erfahrung gemacht, dass Miriam Dinge viel besser
verarbeitet, wenn sie auch das Ende kennt, und da vorher schon das „Opfer“ von
ihrer Entscheidungsfindung berichtet hatte, die zwei vorherigen Gitter zu
übersteigen um ein gutes Foto zu machen, wusste ich ja zumindest, dass sie
überlebt hat…
Naja, als dann der Eisbär endlich von der Frau abgelassen
hatte, konnten wir uns dann auch schnell verabschieden und sind zum
International Relations Büro gefahren. Dort hat Miriam ihre Malsachen
ausgepackt und ich habe stolz meine Papiere vorgelegt, in der irrigen Annahme,
alles sei komplett. Leider brauche ich offensichtlich auch einen Brief vom
Fachbereichsleiter Geographie, und wie mir die nette Dame dann mitteilte, war
letztes Jahr mein Betreuer noch dieser Fachbereichsleiter, daher reichte ein
Brief, dieses Jahr sei das aber jemand anders, daher ein zweiter Brief. Hätte
mir ja auch mal jemand sagen können…
Ok, also musste Miriam wieder alles einpacken und wir sind
zum Geographieinstitut gefahren, was eine ganz schöne Strecke ist, weil der
Campus riesen groß ist. Gelaufen wäre ich locker eine halbe Stunde glaube ich.
Dort wurde ich dann auch schnell zum neuen Fachbereichsleiter vorgelassen, den
ich auch noch von meiner Präsentation vor zwei Jahren kannte. Er hat sich auch
an mich erinnert, obwohl die Frage, wie es denn mit meiner Migrationsforschung
liefe dann doch Anlass zu der Annahme gab, dass er mich irgendwie verwechselt
hat. Naja, dann hat er mir ein paar alberne Fragen zu meiner Forschung gestellt
(er hatte meinen Fortschrittsbericht vorliegen und hat Halbsätze daraus
vorgelesen, die ich dann vervollständigen durfte…) und hat mir anschließend
mitgeteilt, dass das ja alles schön und gut sei, aber er hätte gar keine
Unterlagen darüber, ob ich denn wirklich eingeschrieben sei, ob ich da was mit
hätte. Hatte ich natürlich nicht, und eigentlich besteht die
Dokumentationspflicht ja auf deren Seite, alle Briefe von den International
Relations sind auch in Kopie an das Institut gegangen. Aber wenn das so sei,
könnte er mir leider keinen Schrieb ausstellen, da könnte ja jeder kommen. In dem
Moment bin ich fast geplatzt. Da verschlampen die meine Akte, der Typ kennt
mich sogar und weiß genau, dass ich seit zwei Jahren am Institut eingeschrieben
bin, und immer noch kommt der mir blöd. Diese Korinthenkackerei gepaart mit
vollkommener Unfähigkeit bringt mich mittlerweile so auf die Palme, manchmal
habe ich das Gefühl, dass man in Nepal nur in hohe Positionen kommt, wenn man
diese Kombination beherrscht.
Nachdem ich mich dann ein wenig aufgeregt habe, hat er auch
zugegeben, dass der Fehler auf ihrer Seite liegt, aber ich sollte doch bitte
trotzdem selbst eine Kopie meiner Unterlagen bei den International Relations
besorgen. Darauf bin ich dann auch sofort eingegangen, wer weiß, was die mit
meinen Papieren gemacht hätten, wenn ich das denen überlassen hätte. Also
musste Miriam wieder ihre –gerade ausgepackten – Malsachen einpacken und zurück
zu den International Relations. Dort war die Sachbearbeiterin ganz entsetzt,
wie es denn sein könnte, dass so offizielle Dokumente einfach so verloren
gehen, hat mir dann aber wenigstens schnell eine Kopie gemacht. Wieder Kommando
zurück, wo dann der Fachbereichsleiter ohne einmal auf die Kopie zu blicken
seinen Assistenten angewiesen hat, die Bescheinigung auszustellen. Hätte man ja
auch nicht schon in der Zwischenzeit machen können… Es sollte eine einfache
Bestätigung über zwei Zeilen sein, dann ist aber noch in wilder Diskussion ein
einseitiger Brief entstanden, der dann nach einigem hin und her auch
unterzeichnet wurde. Arme Miriam, schon wieder musste sie ihre Sachen packen
und es ging zurück. Zum dritten Mal an dem Tag saß ich dann also vor der Frau, aber
diesmal war alles richtig und ich durfte meine Unterlagen abgeben. Auf dem Weg
zurück in die Stadt habe ich glaube ich ununterbrochen geflucht.
Nächsten Montag muss ich meinen Brief dort abholen und dann
zum Bildungsministerium, dann geht es in die zweite Runde… Wünscht mir Glück und Geduld!
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