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Sonntag, 16. September 2012

IELTS


Um meinen Aufenthalt in Nepal zu finanzieren, bewerbe ich mich ja schon seit längerem um verschiedene Stipendien. Bald steht die Bewerbung beim DAAD an, und dafür brauche ich wieder mal ein Sprachzeugnis. In Frage kommen der TOEFL Test oder der IELTS Test, und da der zweitere günstiger ist, habe ich mich für diese Option entschieden. Zum Glück gab es in Kathmandu einen Prüfungstermin, der für mich super passte und gestern war es dann schließlich soweit.
Wie fast alles hier in Nepal hatte der Test einen ganz besonderen Touch… Mein Tag fing schon mal super an, es fuhren nämlich keine Busse und ich hatte schon Angst, ich würde den Termin verpassen. Zum Glück ist Pemas Nachbar dann kurz bevor ich in Panik verfallen bin mit dem Motorrad nach Kathmandu gefahren und konnte mich mitnehmen. Leider war sein Gefährt aber nicht ganz in Ordnung und wir mussten unterwegs ca. 10 mal anhalten um die Kette wieder aufzuziehen… Naja, jedenfalls war ich so wenigstens pünktlich in Kathmandu und habe auch nach einigen Diskussionen mit dem Taxifahrer irgendwann das Lotus Convention Center gefunden, in dem der Test stattfinden sollte.
Ich sollte eigentlich um 11:30 dort sein, zu meiner Überraschung platzte der Raum aber schon fast eine Stunde vorher aus den Nähten. Die Atmosphäre hatte ein bisschen was von Militärkaserne, das Gebäude war noch gar nicht fertig sondern eher ein Rohbau und die Haufen von Schutt und Baumaterial in den Ecken waren nur notdürftig mit Tüchern zugedeckt. Vorne stand ein Typ mit Mikrofon der den Leuten die ganze Zeit abgehackte Befehle zugeschrien hat, leider konnte man aber wegen der Verzerrung kaum etwas verstehen. Und der Raum war voll mit 400 aufgeregten 18 jährigen Nepalis aus der Upper Class, die sich total raus geputzt hatten. Und ich mitten drin, natuerlich in meinen "besten" Anziehsachen, die auch nicht unbedingt dadurch gewinnen, wenn man in ihnen einen schlammigen Schlauch aufrollt oder eben morgens eine Stunde mit dem Motorrad durch den Schlamm fährt. Ich kam mir jedenfalls ein wenig fehl am Platze vor und das sahen meine Mitprüflinge wohl auch so…
Irgendwann nach über einer Stunde wurde dann endlich auch meine Nummer aufgerufen, und ich musste mich den extremsten Identitätskontrollen unterziehen, die mir jemals untergekommen sind. Meinen Rucksack und jeglichen Tascheninhalt musste ich schon am Eingang abgeben (und auf einen riesen Haufen legen, was mir am Anfang ziemlich unsympathisch war. Ich habe dann aber festgestellt, dass mein angeschimmelter Tagesrucksack gegen die schicken Handtäschchen und Rucksäcke, die danebenlagen nicht anstinken konnte und ein Dieb sicherlich ein anderes Gepäckstück gewählt hätte…), jetzt wurde noch ein weiteres Foto von mir gemacht, obwohl ich schon zwei bei der Anmeldung mit abgegeben hatte. Irgendwie passte denen aber meine Gesichtsform nicht, die haben vier Anläufe gebraucht, bis ich anscheinend erkennbar war, zuerst hat man behauptet, ich würde meinen Kopf schief halten, dann konnte man offensichtlich mein Ohr nicht richtig sehen (scheint besonders wichtig zu sein für die Identifizierung…) und dann waren meine Haare nicht richtig zurückgelegt…
Irgendwann hatte ich dann die Anmeldungsformalitäten durch und durfte mich an meinen Tisch setzten. Wir mussten uns dann noch 15 Minuten lang Anweisungen anhoeren, was man alles nicht tun darf (Do not leave the room, Do not open the question booklet before I tell you to do so, Do not talk, Do not…) und sind davon in Kenntnis gesetzt worden, dass schummeln überraschenderweise verboten ist (Be informed that cheating is not allowed). Ich glaube, der Testleiter hätte seine berufliche Zukunft wirklich eher beim Militär suchen sollen, bei dem Ton den der drauf hatte…
Dann ging endlich der eigentliche Test los, und der war ganz in Ordnung. Ich habe eigentlich ein gutes Gefühl, mal sehen, was dann im Endeffekt dabei rumkommt. Irritierend war bloß, dass mitten in der Prüfung nochmal jemand kam und mein Foto von der Anmeldung mit dem Foto vom Vormittag und mit dem Foto aus meinem Pass verglichen hat. Dafür musste ich meine Brille absetzen und ernsthaft mindestens 30 Sekunden stur geradeaus starren… Ich glaube, so misstrauisch ist mein Pass bis jetzt nur an der amerikanischen Grenze gemustert worden, nachdem mein Einreisestempel aus Kolumbien entdeckt worden war…
Jedenfalls bin ich froh, dass ich den Test hinter mir habe und bald die nächste Bewerbung abschicken kann. Eine gute Nachricht habe ich gestern auch noch bekommen, und zwar werde ich vom Kompetenzzentrum Nachhaltige Universität der Uni Hamburg mit einer Anschubfinanzierung unterstützt. Das deckt die Kosten für die ersten fünf Monate hier und nimmt mir sehr viel Druck von den Schultern und ich freue mich wahnsinnig darüber.
In meiner Zeit in Kathmandu sind dann noch verdammt viele andere Dinge passiert, aber die werde ich ein anderes Mal berichten. Ich weiß im Moment nur, dass ich heute zwei sehr wichtige Dinge gelernt habe: Gehe niemals in Nepal alleine zu einer Behörde und setze dich niemals im Bus auf den Sitz neben dem Fahrer, das ist nämlich nur eine Metallabdeckung für den Motor und man verbrennt sich tierisch den Hintern :-).

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