Wahrscheinlich haben sich einige von Euch schon gewundert,
warum ich in der letzten Zeit nicht mehr so viel geschrieben habe. Der simple
Grund ist, dass ich einfach keine Ruhe mehr hatte, mich hinzusetzen. So langsam wird aber alles wieder
ein wenig entspannter, so dass ich in Zukunft hoffentlich wieder mehr schreiben
kann.
Alina und Miriam beim Fruehstueck |
Seit ungefähr zwei Wochen haben wir volles Haus in Kaule, es
sind im Moment sechs Volontär hier.
Alina bleibt als Weltwärts Volontärin ein Jahr, Malte bleibt sechs
Monate, und Ole, Jannik, Sebastian und Maren bleiben jeweils etwas kürzer. Die
sechs sind eine riesen Hilfe, seitdem sie da sind haben wir es geschafft, den
Ententeich zu reparieren, den Hühnerstall wieder aufzubauen und einen Großteil
der Beete wieder in Stand zu setzen. Ich hatte mich schon total daran gewöhnt,
in einem kleinen Urwald zu wohnen und bin jeden Morgen wieder aufs Neue
überrascht, wie anders das Demozentrum aussieht, wenn endlich mal das Unkraut
gejätet wurde…
Malte und Sebastian reparieren den Huehnerstall und mittlerweile haben wir schon vier Huehner |
Ole und Jannik haben ihren gruenen Daumen entdeckt... |
Leider heißt volles Haus auch, dass Miriam und ich ausziehen
mussten. Wir haben uns schräg gegenüber ein kleines Zimmer bei einer
nepalischen Familie genommen, so dass wir es nicht weit haben. Wir verfügen
jetzt sogar über den unsäglichen Luxus eines Teppichs in unserem Zimmer. Leider
ist das Bett für mich ca. 10 Zentimeter zu klein, und ich habe auch nach fast
drei Wochen hier noch keine wirklich bequeme Schlafposition gefunden. Ich
dachte, mit dem Alter schrumpft man wieder, aber wahrscheinlich ist es zu
optimistisch, damit in den nächsten zwei Monaten zu rechnen. Neben dem Teppich haben wir aber auch einen
Balkon und sehr nette Vermieter, so dass Miriam und ich uns hier wohl fühlen.
In den letzten Wochen hat für mich ein Meeting das nächste
gejagt, von ganz normalen im Buero über Marathonmeetings mitten im Wald
(unglaubliche sechs Stunden kann sowas dauern) bis hin zu obskuren Treffen in
einem Schuhladen mit einem Bruder eines wichtigen Politikers. Heute war gefühlt
der erste Tag seit Ewigkeiten, an dem ich einfach mal normal arbeiten konnte
und nicht irgendwas Besonderes war. Diese ganzen Meetings haben oft auch in
Kathmandu stattgefunden, so dass ich auch extrem viel unterwegs war.
Als Ergebnis kann ich viele neue wichtige Kontakte und vor
allem mein Visum vorweisen, was ein riesen Schritt nach vorne ist. Ohne die
Hilfe von Tilak, dem Vorsitzenden von Kaule ev Nepal hätte ich das glaube ich
jedoch nicht so schadlos überstanden, ich war mehrmals kurz davor, über den
Schreibtisch zu springen und den dort sitzenden Beamten zu erwürgen, wovon er
mich dann abgehalten hat. Das ganze fing bei der Uni an, dort musste ich den
Status eines "affiliated
researchers" beantragen.
Nach einem Versuch, bei mir den vierfachen Preis zu kassieren, den ich aber
noch relativ einfach abwehren konnte habe ich dann nach drei Mal vorsprechen
diesen Status bekommen und einen Brief für das Bildungsministerium. Ich hab
mich dann mit Tilak dort verabredet, um gemeinsam meine Unterlagen dort
abzugeben, hat auch alles geklappt, wir sind reingelaufen und sogar bis zum
(ehemals…) richtigen Buero vorgedrungen, bis uns mal jemand gesagt hat, dass
das ganze Ministerium zum anderen Ende der Stadt in den Regierungskomplex
verlegt worden ist. Auf die Idee, das Schild vorne abzuhängen ist aber niemand
gekommen…
Wir sind dann zum neuen Standort gefahren und mit dem Brief
von der Uni auch ohne Probleme reingekommen. Dort war alles easy, ich sollte am
nächsten Tag wiederkommen und meinen Brief für die Immigrationsbehörde abholen.
Dachte ich. Aber Pustekuchen, am nächsten Tag sind wir nämlich gar nicht mehr
ins Ministerium rein gelassen worden. Wir hatten ja keinen Brief mehr, der uns
dazu berechtigt, den hatten wir ja drinnen abgegeben. Wir haben ernsthaft zwei
Stunden lang mit der Security rumdiskutiert, alle möglichen Leute angerufen und
Himmel und Erde in Bewegung gesetzt, aber lange Zeit sah es so aus, als gäbe es
keine Möglichkeit mehr, meine Papiere wieder zu bekommen. Wie gesagt, nach zwei Stunden haben dann die
Wachposten irgendwann eingesehen, dass ich keine Gefahr für das Wohlbefinden
des Premierministers darstelle und uns rein gelassen. Drinnen hat das Ganze
dann zwei Minuten gedauert, eine Unterschrift und ich hatte mein Papier. Ich war aber bereit für meine Einweisung,
mein Geduldsvorrat für drei Monate war mit diesem Erlebnis aufgebraucht. Das hat sich dann darin ausgedrückt, dass ich
den Immigrationofficer sowas von angepampt habe, als er mir dann später erklärt
hat, ich bräuchte nochmal eine Bankbescheinigung, diesmal über 5000 Dollar.
Naja, mit Rumgemeckere kommt man hier aber nicht weiter, so dass ich wieder
eine Woche warten musste, bis ich durch eine Überweisung meiner Eltern genug
Geld vorweisen konnte. Nach nur zwei weiteren Besuchen bei der
Einwanderungsbehörde und einem kleinen Durchdreher auf meiner Seite (dem glücklicherweise
nur ein Taxifahrer zum Opfer gefallen ist…) war es dann endlich so weit, und
mir ist mein Visum ausgestellt worden. Ich habe jetzt ein Jahr Zeit, mich von
diesem Erlebnis zu erholen und neue Kraft zu tanken, bevor ich die gleiche
Odyssee nochmal machen muss… Ich schwöre, ich werde mich nie wieder über die
deutsche Bürokratie beschweren!
Vor mittlerweile fast einem Monat ist leider der Onkel
meiner Übersetzerin Pema gestorben, und drei Wochen nach seinem Tod fand eine
Feierlichkeit zu seinem Gedenken statt. Pemas Familie hat alle Freiwilligen und
Miriam und mich eingeladen, so dass wir letzte Woche einen Tag in Kathmandu im
buddhistischen Kloster hinter der größten Stupa Nepals Boudhanath verbracht
haben. Auch wenn der Anlass traurig war, so war es doch ein schöner Tag und ich
habe mich sehr gefreut, so viel Zeit mit Pemas Familie verbringen zu können.
Miriam fühlt sich mit ihnen sowieso schon zu Hause und hat mehr Zeit mit
Tshering verbracht als mit mir…
Wir waren dann auch im Kloster wo die Mönche gebetet haben,
und es war wirklich faszinierend, das mitzuerleben. Die Mönche saßen sich vor
wunderschönen Buddhastatuen gegenüber, haben ihre Gebete gemurmelt und in
bestimmte Abständen verschiedenste Instrumente gespielt, unter anderem einen
riesigen Gong und lange trompetenartige Instrumente (wie in Sieben Jahre in
Tibet…), und das Ganze hat eine total friedliche Atmosphäre erzeugt. Miriam war das aber eher unsympathisch, ich
glaube, es hat ihr ein bisschen Angst gemacht.
Mit Pemas Sohn Pasang |
Auf dem Rückweg habe ich mich dann im Straßengewirr total
verlaufen und stand plötzlich vor der großen Stupa. Die hatte ich ja schon an
meinem ersten Tag gesehen, aber jetzt mit blauem Himmel und immer noch mit dem
Eindruck aus dem Kloster im Kopf war das irgendwie nochmal was ganz anderes.
Bevor mein Eintrag jetzt noch länger wird, versuche ich mal
zum Ende zu kommen. Ich kann jedoch sagen, dass Miriam und ich uns hier immer
mehr zu Hause fühlen und dass es uns sehr gut geht. Nepal ist ein wunderschönes
Land mit wunderbaren Menschen, und ich bereue meine Entscheidung kein Stück.
Wir sind sehr glücklich, auch wenn uns Deutschland und unsere Familie und
Freunde natürlich fehlen.
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