Eigentlich wollten Miriam nur übers Wochenende nach Kaule
fahren, um die neue Volontärin Lisa einzuweisen und dafür zu sorgen, dass ein
kleines provisorisches Häuslein gebaut wird, damit Lisa nicht die ganze Zeit im
Zelt schlafen muss. Dann hat uns aber das fantastische Streiksystem Nepals einen
Strich durch die Rechnung gemacht, und wir mussten dann doch bis heute bleiben…
Für alle, die noch nicht in Nepal waren und sich jetzt
fragen, was ein Streik damit zu tun hat, dass wir länger in Kaule bleiben
mussten: In Nepal ist der Streik (Bandha) das Mittel der Wahl um politische
Ziele durchzusetzen, wenn das auf dem „normalen“ Weg nicht klappt. Dann wird
einfach mal für eine beliebige Anzahl von Tagen das ganze Land stillgelegt,
Autos und Busse dürfen nicht fahren und werden angehalten (und wenn sie sich
darüber hinwegsetzen auch gerne mal angezündet) und alles steht still. In
Kathmandu wird an solchen Tagen auf der Ringroad Fußball gespielt und das Leben
ist einfach langsamer, aber wenn man versucht den wirtschaftlichen Verlust der
dem Land jedes Mal zugefügt wird zu beziffern kommt man schnell auf
unglaubliche Ziffern. Im Moment geht es um die Verfassung, die ist ja in einem
unglaublichen Tempo nach dem Erdbeben durchgepeitscht worden. Die Zyniker unter
uns haben von Anfang an gesagt, dass das so passiert ist in der Hoffnung dass
alle Nepalis gerade mehr damit beschäftigt sind, dass ihnen das Haus über dem
Kopf zusammengestürzt ist als mit Feinheiten der Verfassung und dass somit auch
kontroverse Punkte unbemerkt hinein gemogelt werden könnten. Und genau das ist
passiert, und so langsam fällt das allen auf. Frauenrechte, Sekularismus,
Rechte von Minderheiten, in der neuen Verfassung ist in all diesen Bereichen
ein riesen Rückschritt getan worden und das wird natürlich nicht akzeptiert.
Der Aspekt über den jetzt die Wellen hochschlagen ist jedoch weiterhin die
Einteilung in administrative Einheiten. Einige Gruppen möchten diese nach
Ethnien ziehen, andere nach geographischen Bedingen und so weiter. Wenn man es
ganz simpel fasst ist das schon der Grund gewesen, warum es vor Jahren zum
Bürgerkrieg kam, und es gibt immer noch keine Lösung für das Problem. Gestern
kam es zu Zusammenstößen um Süden des Landes zwischen der Polizei und Demonstranten
bei denen es auch Tote gab, und die Lage insgesamt ist ziemlich angespannt. So
tragisch diese Situation für Nepal und die Nepalis aber auch ist, um uns müsst
ihr uns keine Sorgen machen. Touristen oder Ausländer werden komplett aus allen
Konflikten rausgehalten und für uns besteht keinerlei Gefahr! Miriam freut sich
sogar immer, wenn es einen „Streich“ gibt (ihr Wort für Streik…), weil sie dann
nicht in die Schule muss…
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Miriam liegt zu Tische... |
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Unser Zeltlager |
Auch in Kaule merkt man nicht viel von den Spannungen im
Land, und wir hatten fünf sehr schöne Tage weg von der Stadt. Kathmandu kann
einem schon ganz schön auf den Senkel gehen, der Staub, der Matsch, der Lärm…
Wir es in Kaule einfach genossen, den ganzen Tag draußen zu sein, nur Vögel und
manchmal einen Bus zu hören und nicht die ganze Zeit zu schwitzen. In den fünf
Tagen haben wir dann einen sehr gemütlichen Wellblechverschlag gebaut (bzw. den
Bau überwacht :-)) und einen halben Urwald abgeholzt bzw. ausgerissen. Der
Garten des Demozentrums sah nach vier Monaten ohne Pflege sehr wild aus und wir
mussten erst mal die Wege wieder freirupfen.
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Fleißige Arbeiter... |
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Nepalesische Arbeitsteilung - einer macht was, fünf Leute gucken zu |
Am Samstag hatte ich dann einen Marathonmeetingtag, zuerst
unsere Landwirte, dann der Jugendklub und schließlich noch eine
Frauenorganisation. Da keine lokale Organisation mehr Büroräume hat und auch
ein Jugendklub fehlt, planen wir ein Gemeindezentrum mit Büroraum für alle,
Lernort, Spielplatz, Klassenzimmer usw. Das ist ein sehr großes Projekt, aber
es stößt auf sehr große Begeisterung und die Planung macht schon großen Spaß.
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Mein Versuch, zu erklären wie Erdbeben entstehen... |
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Super Aussicht auf den Himalaya... |
Miriam hat Furba besucht und sich sehr gefreut und auch
unser Hund Bella war total aus dem Häuschen, weil wir endlich wieder da waren
und etwas Leben im Büro herrscht. Von jetzt an haben wir auch wieder
regelmäßiger Volontäre, so dass alles wieder zu einer Form von Normalität
zurückfindet. Natürlich hat es viel geregnet und die Sicht war ca. 20m, aber es
war trotzdem eine schöne Abwechslung von Kathmandu und Miriam wollte am
liebsten gar nicht wieder zurück fahren. Jetzt hat sie ihre ersten
Zwischenprüfungen in der Schule, und da waren einige Tagen Spielen im Schlamm
eine willkommene Abwechslung.
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Unser neues Zuhause in Kaule. Sehr gemütlich :-) |
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Lecker Nudeln |
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Miriam kocht Drecksuppe die Zauberkräfte verleiht. Vielleicht sollte ich doch mal probieren... |
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Keiner rockt einen Regenschirm wie Miriam. Und wenn dieses Outfit nicht stylisch ist, dann weiß ich es auch nicht mehr! |
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