Schon seit Ewigkeiten hatte ich den Plan, eine Wanderung im
Nagarjun Nationalpark zu einem kleinen Kloster zu machen. Der Park ist auf dem
Weg nach Kaule, schon gefühlte 1000 Mal bin ich am Eingang vorbei gefahren, von
unserer Dachterrasse aus kann man das Kloster mit seinen vielen Gebetsfahnen in
der Ferne sehen. Leider wurde daraus aber irgendwie nie etwas, entweder habe
ich niemanden gefunden, der mitkommen wollte, oder es kam etwas dazwischen (zum
Beispiel das Erdbeben…). Als wir also die Reise von Annette und Onno geplant
haben, hab ich diese Wanderung direkt in den Reiseplan gesetzt und für den
zweiten Tag fest eingeplant, damit nicht wieder irgendwas den Aufstieg
verhindern würde.
Die Karte war natürlich wie immer sehr uneindeutig, bis auf
die Tatsache dass das Kloster wohl auf dem höchsten Punkt ist und Jamacho heißt
waren kaum Informationen daraus zu entnehmen. Auch die Höhenlinien waren kaum
zu interpretieren, es sah allerdings so aus, als wäre es möglich, einen Rundweg
zu gehen. Egal, wird schon irgendwie, dachten wir uns und sind hochmotiviert
losgelaufen. Am Tag vorher haben wir noch den Hinweis bekommen, dass unsere
Nachbarn eineinhalb Stunden gebraucht hätten, und dass es „doch schon einige
Treppen“ seien…
Hochmotiviert sind wir also losgelaufen und hatten direkt am
Anfang Glück. Das erste Stück muss man Straße laufen, und dort sind wir von
einem Bekannten aus Kaule mitgenommen worden, der zufälligerweise gerade
vorbeikam. Am Eingang des Nationalparks, der - wie alle die ich bis jetzt
gesehen habe- eher aussieht wie der
Eingang zu einem Belagerungscamp der Armee (Sandsack-geschützte Stellungen,
viel Stacheldraht, viele Gewehre…) mussten wir dann unseren Pass abgeben (wohl
als Sicherheit, dass wir auch ja zurückkommen) und uns zum ersten Mal ernüchter
lassen. Rundweg gibt’s nicht, war jetzt die neue Information. Egal, dann eben
zurück den gleichen Weg, aber unser Enthusiasmus war nicht zu bremsen. Voller
Energie haben wir uns also auf die Treppen gestürzt, die nach der ersten
Wegbiegung auf uns warteten. Kann ja nicht so schlimm sein, dachten wir uns.
Dass uns nach ca. einer halben Stunde ein total verschwitzter Engländer mit
hochrotem Kopf entgegenkam, der eigentlich nur noch den Satz „Sooo many stairs“
rausbekam, hätte uns vielleicht aufhorchen lassen sollen.
Wir sind als weiter, immer weiter, und es kamen immer mehr
Treppen und immer mehr. Nach zwei Stunden haben wir irgendwann ein wenig
angefangen zu zweifeln, worauf wir uns da wohl eingelassen haben, und vor allem
Miriam fing an zu schwächeln. Was aber ja auch verständlich war, wir waren alle
schon ziemlich geschafft. Ich glaube, der Satz den wir alle im Wechsel an
diesem Tag am meisten gesagt haben war „Jetzt kann es aber eigentlich nicht
mehr weit sein“. Abwechselnd sind wir von Energieschüben erfasst worden, einer
ist immer vorgelaufen und hat sich wohl gedacht „Hinter der nächsten Ecke muss
es doch sein“, aber es warteten immer nur noch mehr Treppen und Treppen.
Irgendwann waren wir alle nur noch am Japsen, konnten aber weit oben die
Bergspitze erkennen. Also nochmal letzte Energien aktiviert und bis oben
getorkelt, nur um zu sehen – von dort ging es wieder ein Stückchen runter
(natürlich über Treppen…), um dann auf der anderen Seite zur letzten Steigung
anzuziehen. Wir haben dann kapituliert,
es ging einfach nicht mehr weiter, und haben unser Picknick mitten auf dem Weg,
500 Meter vor dem Ziel gemacht, weil keiner mehr einen Schritt weitergehen
konnte ohne Stärkung.
Nach dem Picknick ging es dann ganz langsam die letzten
Meter bis zum Kloster hoch, und dort oben sind wir für alle Anstrengungen
entschädigt worden. Der Blick über Kathmandu war atemberaubend, es war ein
klarer Tag und man konnte die ganze Stadt am Fuß des Berges liegen sehen. Es
war menschenleer, total ruhig und das einzige zu hörende Geräusch war das
Rascheln der Gebetsfahnen im Wind. Ein leichter Geruch von Butterlampen hing in
der Luft, da zu wichtigen Buddhistischen Feiertagen viele Menschen dort ihre
Lampen anzuzünden und insgesamt hatte man fast das Gefühl, man wäre in einem
Märchen. Eines der Gebäude ist leider vom Erdbeben fast komplett zerstört
worden und liegt in Trümmern, aber das hat in diesem Moment eigentlich fast
noch zu der besonderen Atmosphäre beigetragen. Miriam ist ganz
selbstverständlich zur kleinen Stupa gegangen und hat dort vor der Buddha-Figur
ein paar Gebete gesprochen und hat anschließend heldenmutig mit Onno den
Aussichtsturm bestiegen, auf den Annette und ich uns gar nicht getraut haben…
Die Gebete haben aber wohl gewirkt, beide sind sicher wieder runtergekommen
:-).
Wer kann Onno und Miriam entdecken??? |
Gebetsfahnen über Gebetsfahnen |
Ein Loch in der Mauer... |
Meine kleine Buddhistin |
Wir haben dann dort oben nochmal länger Pause gemacht, die
Sicht genossen und ich bin sogar einen Moment auf einer Bank eingeschlummert,
bis uns klar wurde, dass es schon ganz schön spät war. Irgendwie wollten wir alle
nicht so richtig weg von dort oben, einerseits weil es so schön war, und
andererseits weil keiner von uns die elenden Treppen wieder runter wollte… Aber
es führte ja kein Weg dran vorbei, und wir haben es unfallfrei und ohne allzu
viel Gemurre bis unten geschafft. Kurz vor dem Ziel hat dann mein Telefon
geklingelt und die Soldaten vom Tor riefen an. Wo wir denn blieben, sie wollten
Feierabend machen… Auf den letzten Metern haben wir also nochmal den Turbo
eingelegt und sind dann gut wieder unten angekommen.
Auch wenn die Wanderung unglaublich anstrengend war, so war
es doch ein gleichermaßen unglaublich schöner Tag. Ich bin immer wieder
beeindruckt, wie lange Miriam mit ihren kleinen Beinchen doch laufen kann, und
wenn sie natürlich auch ein wenig geschimpft hat, so hat sie es doch insgesamt
super mitgemacht. Und dort oben waren wir mit Sicherheit nicht das letzte Mal,
für mich ist Jamacho einer der schönsten Orte im Kathmandutal und ich bin sehr
froh, dass wir ihn zu viert entdeckt haben!
Das war echt anstrengend und besonders nicht die letzten Treppen auf der Reise ... Aber verglichen zum Rafting haben wir den letzten "Katzensprung" gut geschafft. Also zumindest einer von uns ;)
AntwortenLöschenJaja, deine große Schwester ist eben eine Memme, ich gebs ja zu :-)
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